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Predigt Mitbewohner/in gesucht

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Predigt 24.12.2019 gehalten im Haus am Sähling

Liebe Gemeinde,

„Mitbewohner gesucht“, das ist manchmal am schwarzen Brett in Hochschul- und Universitätsräumen zu lesen, aber nicht nur dort. Erst kürzlich stolperte ich über eine interessante Internetseite: wegeausdereinsamkeit.de.
Nicht mehr nur junge Menschen versammeln sich in Wohngemeinschaften, auch für ältere Menschen ist es aus vielerlei Gründen interessant.
Es spart nicht nur Geld, es ist auch interessant sich mit anderen Menschen eine Wohnung zu teilen. Es spart, so gesehen, nicht nur Geld, sondern auch Einsamkeit.
Das Leben wird bunter und reicher. Ganz nach dem Motto: Lieber zu fünft in einer chaotischen Küche seinen Frühstückskaffee trinken und dabei über Gott und die Welt diskutieren, als allein, in aller Stille, die abgespülte Tasse in den Schrank zurückstellen. (Pause)
Rückzug ins eigene Zimmer ist ja, wenn es einem doch einmal zu viel wird, auch weiterhin jederzeit möglich.

„Mitbewohner gesucht“ – das ist auf der anderen Seite aber auch ein Wagnis. Wenn ein Neuer kommt, muss er zu den anderen in der Wohngemeinschaft passen, sonst sind Konflikte vorprogrammiert.
Noch schwieriger wird es, wenn man nicht mehr die freie Wahl hat, wer da neu dazuzieht, kann ich mir gut vorstellen.
So war es in dem Studentenwohnheim, indem ich lange Zeit lebte, ich denke ähnlich wird es hier auch sein.
Neue Menschen kommen hinzu, bringen ihre Angewohnheiten mit. Einfach ist das bestimmt nicht immer.

Und was hat das alles mit dem Heiligen Abend zu tun? (Pause)

Heute stellt sich bei uns allen ein Mitbewohner vor.
Er klopft an unsere Tür. Er heißt Immanuel, das heißt übersetzt – Gott mit uns. Er ist Jesus, der uns retten will, der uns retten kann, der uns retten wird. Er will mit uns leben. Und meint allen Ernstes, eine Bereicherung für unser Leben zu sein. In Bethlehem wollten sie von dem neuen Erdenbürger wenig wissen. „Kein Raum in der Herberge!“, heißt es konisch in der Weihnachtsgeschichte des Lukas. Oft stellen wir uns vor, ist es der Wirt, der dem heiligen Paar um ein Haar die Tür vor der Nase zuschlägt: „Tut mir leid, das Haus ist voll. Ihr müsst sehen, ob ihr woanders unterkommt.“ Um dann, zögernd, doch noch einen Platz im Stall anzubieten.

Und auch in unserem Predigttext klopft der neue, göttliche Mitbewohner kräftig an die Tür. (Pause)

Wir hören das Wort Gottes aus Ezechiel 37,

24 [Und] Mein Knecht David soll ihr König sein und der einzige Hirte für sie alle. Und sie sollen wandeln in meinen Rechten und meine Gebote halten und danach tun.
25 Und sie sollen wieder in dem Lande wohnen, das ich meinem Knecht Jakob gegeben habe, in dem eure Väter gewohnt haben. Sie und ihre Kinder und Kindeskinder sollen darin wohnen für immer, und mein Knecht David soll für immer ihr Fürst sein.
26 Und ich will mit ihnen einen Bund des Friedens schließen, der soll ein ewiger Bund mit ihnen sein. Und ich will sie erhalten und mehren, und mein Heiligtum soll unter ihnen sein für immer.
27 Meine Wohnung soll unter ihnen sein, und ich will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein,
28 damit auch die Völker erfahren, dass ich der HERR bin, der Israel heilig macht, wenn mein Heiligtum für immer unter ihnen sein wird.

Gott spricht hier in erster Linie zu seinem Volk Israel, er sagt: „Ich will unter euch wohnen und euer Gott sein“, sagt er dem Volk Israel. Und dann zählt er auf. Er zählt auf was er mit einbringt:

Einen Friedensbund will er mitbringen. Eine Art Hausordnung, mit der es allen richtig gut gehen soll. Als ein gerechter König soll er regieren. Ein König, wie David damals war.
Dieser König wäre kein Diktator, wie Könige es eigentlich oft sind, sondern ein Hirte. (Pause)

Er wäre ein fürsorglicher Diener an seinem Volk.
Als der Prophet diese Worte Gottes spricht, das heißt ungefähr 600 Jahre vor der Geburt Jesu Christis ist das Volk Israel, zu großen Teilen verschleppt. Es ist in Kriegsgefangenschaft. Gern würden viele der Verschleppten wieder im eigenen Land wohnen dürfen.
Gern würden sie den Tempel in Jerusalem, das Heiligtum Gottes, den Wohnsitz Gottes, erneut aufbauen. Gern würden sie erleben, dass Gott wieder bei ihnen einzieht, in seinen Tempel und damit nahe bei seinem Volk sein. Und die Israeliten würden seine Gebote halten, weil sie helfen zu einem guten, friedlichen Leben.

„Wollt ihr?“, fragt der Prophet Ezechiel die in Feindesland verschleppten Israeliten. „Wollt ihr ihn haben als Mitbewohner? Soll Gott erneut zu euch kommen und unter euch wohnen?“ – Wir hören die Frage. Sie gilt nicht nur den Israeliten. Das Angebot. Quasi Vorstellungsrede Gottes. (Pause)
Er ist der Wohngemeinschaftsbewohner, der nicht einfach da ist, der sich nicht aufdrängt, wohl aber anbietet.

Gut 600 Jahre später, in Bethlehem, erfahren wir mehr.
Wir erfahren einiges über die Antwort der Menschen:
Die Wohlhabenden und Etablierten haben sich schwer mit dem Angebot getan, auch später, als das göttliche Kind erwachsen war und als Wanderprediger durch die Lande zog.

Die damals mächtigen Menschen, also manche Gruppierungen der Juden, ebenso wie die Römer, sahen in ihm einen Eindringling, der Unordnung stiftet und alles, was gilt, durcheinanderbringt. Sie befürchteten Chaos und einen Verlust ihrer Macht. Schon König Herodes, so weiß das Matthäusevangelium, trachtet dem eben geborenen Säugling nach dem Leben.
Hingegen die Hirten, damals arme und nicht sehr angesehene Menschen, sind überwältigt von diesem Gast, der Frieden mitbringt und Glanz für ihr Leben. So berichtet es Lukas.

Es ist ein Teilerfolg Gottes, von dem die Bibel berichtet. Verschlossene Türen und schlimmste Angriffe auf der einen Seite, weit geöffnete Herzen auf der anderen Seite.
Leicht hat Gott, erst recht nicht als er selbst Mensch wurde und in unsere Welt kam, nie gehabt. gewiss auch bis heute nicht mit uns Menschen. Daran hat sich bis heute wenig geändert. Noch immer wird versucht die christliche Botschaft zu unterdrücken, werden Christen in vielen Ländern verfolgt, wird Gottes Wort von Menschen verneint. Es fällt Menschen schwer in einer Gemeinschaft mit Gott zu leben. Und damit sind wir bei uns angekommen, am Heiligen Abend 2019. „Wollt ihr?“, fragt Ezechiel auch uns.
„Wollt ihr ihn haben, diesen besonderen Gast? Soll er einziehen bei euch?“ (Pause)
Aber er spricht hier auch zu uns, durch Jesus, sind alle Menschen angesprochen, sich die Frage zu stellen, Gott unter uns, was könnte das heißen?

Gott unter uns – das könnte heißen, dass wir weicher und offener werden, als es sonst im Alltag der Fall ist. Weihnachten als Fest der Liebe, Weihnachten als Fest, an dem das Licht Gottes zu uns in die Welt kommt. Er kommt in Gestalt eines Neugeborenen. Da wird man ganz von selbst zarter und sensibler und spürt, was so ein Kind braucht. Wenn wir Gott in einem hilfsbedürftigen Kind entdecken, dann sicher auch in anderen Menschen, die auf unsere Feinfühligkeit und unser Mitgefühl angewiesen sind. – Das wäre ein neuer Ton, ein neuer Glanz, eine neue Offenheit unter uns, in dieser Heiligen Nacht und hoffentlich noch in vielen Tagen und Nächten danach. Die rauen Hirten haben diesen neuen Ton gehört aus dem Mund von Engeln. Sie haben bestimmt auch Angst und weiche Knie davon bekommen aber ebenso ein warmes Herz. Sie folgten ihrem Herzen eilten nach Bethlehem.

Gott unter uns – das könnte heißen, dass wir auch gnädiger sind mit uns selbst. Es kann und darf in Ordnung sein, wie wir sind. Wir dürfen Schwächen haben. Wir dürfen Fehler machen. Wir brauchen nicht vollkommen zusein. Wenn Gott unter uns wohnt, dann gewiss auch sein großes Ja und seine Liebe zu uns und allen seinen Geschöpfen, durch seinen Sohn Jesus Christus. Versuchen wir in diesem Licht Frieden mit uns selbst, und unserem Nächsten zu schließen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unser Denken und Handeln, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus.

Amen

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