Diese Predigt existiert in 2 Varianten, einmal für Langewiese, einmal für Winterberg. In Winterberg fand im Gottesdienst eine Taufe statt, welche durch Pfarrerin Dr. Gintere durchgeführt wurde.
Dies hier ist die Predigtfassung die in Winterberg gehalten wurde. Am Schluss der Predigt wird noch einmal ein Bezug zum Taufvers hergestellt. Zwischen den Abschnitten sind Sinnüberschriften eingefügt und zur besseren Orientierung zentrale Absätze/Thesen hervorgehoben.
Liebe Gemeinde,
Trump hat die Wahl in Amerika gewonnen, und wie es aussieht, haben wir keine Bundesregierung mehr. In Amerika ist der Ruf laut geworden, „Amerika first“, wir Amerikaner als erste, alles andere kommt danach. Geführt wurde dieser Wahlkampf mit Angst und Egoismus. Es sieht derzeit vielerorts nicht gut aus, in, glaubt man vielen Prognosen, wird es auch auf absehbare Zeit nicht besser werden. Das macht Angst. Da erscheint es oft das einfachste, sich nur noch auf sich zu konzentrieren. Große und komplexe Probleme lassen sich so ausklammern, denn so sehr ich sie alleine nicht verursache, so sehr kann ich sie auch alleine nicht lösen. Also gehe ich doch meinen direkten Interessen nach, setze sie um. Das gilt für Individuen derzeit ebenso wie für Länder.
Me first. America first.
(Liberalismus und Konflikt)
Aus China erklingt es ähnlich, China first, und dass ist auch die Politik, die diese Regierung umsetzt, mit langfristiger Planung werden chinesische Interessen weltweit vertreten. Hört man nach Großbritanien, hört man nach oder Australien, klingt es ähnlich. Russland will wieder zum Großreich, zur Weltmacht werden, dort ertönt der Ruf „Rossiya prezhde vsego“. In vielen anderen Ländern, auch in Deutschland, erklingen ähnliche Rufe. Zuerst einmal wir, danach die anderen. Das wird auch gern mit Waffengewalt durchgesetzt.
(das Recht des stärkeren)
Es gilt scheinbar das Recht des Stärkeren. Wer mehr Waffen hat, wer mehr verbündete hat, entscheidet was richtig ist, entscheidet was umgesetzt wird und bestimmt damit auch über andere. Auch im privaten hat sich dieses Denken durchgesetzt.
Wenn jeder an sich denkt, ist doch auch an alle gedacht.
Das bringt Konflikte mit sich, in unserem Alltag, ebenso wie in der großen Weltpolitik. Der Krieg in der Ukraine, ebenso wie die zahlreichen Konflikte in Afrika und in nahen Osten, sowie die schwellenden Konflikte in Asien, sind nur einige Beispiele dafür.
(fehlende Friedensvision, Mut zur Hoffnung)
Eine wirkliche Friedensvision fehlt dazu heute. Friedensverhandlungen scheitern und Friedensverträge werden gebrochen. Wie könnte eine Welt aussehen, in der Friede, und nicht mehr Krieg vorherrschend ist? Wie brechen wir mit dem Recht des scheinbar Stärkeren?
Dieser Mangel an Vision, an Mut zur Hoffnung, herrschte jedoch nicht immer.
Mitten im kalten Krieg, als die Menschheit häufig in den Abgrund der völligen Vernichtung blickt, gab es eine Vision des Friedens, der auf Bilder unseres Predigttextes heute aufbaut. Eine Hoffnung, durch Jahrtausende tradiert und bewährt.
Hören wir auf unseren heutigen Predigttext.
Micha 4,1-5.7b
In den letzten Tagen aber wird der Berg, darauf des Herrn Haus ist, feststehen, höher als alle Berge und über alle Hügel erhaben. Und die Völker werden herzulaufen, und viele Heiden werden hingehen und sagen: Kommt, lasst uns hinauf zum Berge des Herrn gehen und zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege und wir in seinen Pfaden wandeln! Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des Herrn Wort von Jerusalem. Er wird unter vielen Völkern richten und mächtige Nationen zurechtweisen in fernen Landen. Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln. Es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. Ein jeder wird unter seinem Weinstock und Feigenbaum wohnen, und niemand wird sie schrecken. Denn der Mund des Herrn Zebaoth hat’s geredet.
Ein jedes Volk wandelt im Namen seines Gottes, aber wir wandeln im Namen des Herrn, unseres Gottes, immer und ewiglich!
Und der Herr wird König über sie sein auf dem Berg Zion, von nun an bis in Ewigkeit.
Das Motto „Schwerter zu Pflugscharen“ wurde in der Friedensbewegung in der damaligen DDR groß. Dabei war es zu dieser Zeit des Wettrüstens zwischen Ost und West genauso utopisch, wie es in den 1980iger Jahren, und wie es heute wieder scheint. Es war eine Botschaft, eine Forderung, die in Ost wie West unbequem war. Was im Westen weitgehend toliert wurde, führte im Osten zum Verbot des Symbols, und zur Verhaftung vieler Aktivisten. Man wollte, und will heute auch, lieber einer anderen Logik. Der Logik des Stärkeren. Diese wird hier durchbrochen. Schwerter und Spieße, kurz Waffen, sind nutzlos geworden, denn es gibt keine Kriege mehr. Damit ist nicht nur eine kurze Zeit des Friedens, als eine kurze Zeit der Abwesenheit von Kämpfen gemeint, sondern ein nachhaltiger Friede. Es wird der Gedanke des Krieges, das Konzept des Krieges, aus den Köpfen der Menschen verschwinden, „denn sie werden hinfort nicht mehr lernen Krieg zu führen“. Das ist eine Perspektive der Hoffnung, Krieg gehört nicht zur Natur des Menschen, was man gelernt hat, kann man auch wieder verlernen, und nachfolgende Generationen können etwas anderes lernen. Ein Vorgang, den wir schon jetzt immer wieder in der Geschichte der Menschheit sehen. Wir sehen unsere Welt anders, als die Menschen vor 500 Jahren. Wir handeln in unserer Welt in vielen Dingen anders, als es frühere Generationen taten.
Das wertvolle Material der jetzt nutzlosen Waffen wird einer anderen Verwendung zugeführt. Es soll nicht mehr Leben nehmen und die Macht weniger mehren, sondern eine Lebensgrundlage für alle schaffen!
Es führt zu einem Bild der Idylle, die beinah schon paradasische anmutet.
Heute würde man sagen, die Menschen leben in Frieden mit sich und ihren Nachbarn, genießen ihr Leben ihn ihren Gärten, genießen die Früchte, die sie ernten, und erfreuen sich des Lebens. Es gibt nichts mehr, dass sie fürchten, dass sie erschreckt.
Davon sind wir jedoch noch weit entfernt und das weiß auch unser heutiger Predigttext.
„Am Ende der Tage“ heißt es hier zu Anfang. Es ist eine Zeitangabe, die in die ferne Zukunft verweist. Doch noch vor dem Ende der Weltzeit liegt. Die Völker strömen zum Berg Zion. Im hebräischen steht „על“, das man auch mit „gegen“ übersetzen kann. Sie strömen gegen den Berg Zion. Damit ist meisten ein Angriff gemeint. So zum Beispiel in Psalm 2, wo es heißt: Die Könige der Erde lehnen sich auf, und die Herren halten Rat miteinander wider den HERRN und seinen Gesalbten. Hier stürmen die Völker gegen Jerusalem, wollen es kriegerisch besiegen, Gott antwortet im Grimm, er zerschlägt die Angreifer, die Völker scheitern mit ihrem Vorhaben. Gott und sein Volk zu trennen! Konflikt und Krieg sind die vorherrschenden Motive.
In unserem Predigttext dagegen ist es anders. Es hat sich etwas geändert, nicht nur in der Wortbedeutung.
Und die Völker werden herzulaufen, und viele Heiden werden hingehen und sagen:
Kommt, lasst uns hinauf zum Berge des Herrn gehen und zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege und wir in seinen Pfaden wandeln! Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des Herrn Wort von Jerusalem.
Die Völker bzw. Heiden vereinen sich unter einem Gott und streben nach einem Ziel: sie suchen Weisung, nicht Herrschaft. Im hebräischen steht hier das Wort Torah. Es ist nicht einfach zu übersetzen, da es viele Bedeutungen hat. Es meint zum einen die 5 Bücher Mose, gleichwohl klingt auch die Bedeutung „Gesetz“, „Rechtsbestimmung“, aber ebenso wie „Weisung“ und „Lehre“ mit. Die Menschen, die zum Berg Zion, zur Wohnstätte Gottes, strömen, lernen dort, in friedlicher Vielsamkeit. Die Konflikte, die es gibt, zwischen den Nationen, sind Gottes Sache, er schlichtet sie. Wiederum ist hier der hebräische Text nicht ganz einfach zu übersetzen. Die hebräischen Verben שפט und יכח haben ein weites Bedeutungsspektrum von „entscheiden“, „schlichten“, „zum Recht verhelfen“ und „Gerechtigkeit schaffen“. Es wird nicht allein Recht durchgesetzt. Es geht um Gerechtigkeit, ein Recht, nachdem es keine weiteren offenen Punkte gibt, die Rache bräuchten, oder Ausgleich. Den Schwächeren wird zu ihrem Recht verholfen, die Starken werden nicht übervorteilt.
Ein Bild, eine Vision, die ganz anders ist als die Situation zur Zeit des Propheten und auch als die Situation heute. Jerusalem war immer wieder bedrängt, umkämpft und wurde auch zerstört.
Die Zeit zu der dies der Fall war, gehört in unserem Predigttext der Vergangenheit an.
Völker, ehemalige Konkurrenten und Feinde, friedlich vereint im gemeinsamen Lernen. Das bleibt nicht folgenlos. Das verändert nicht nur Wortbedeutungen, es ändert auch die Einstellung zu Menschen und zum Leben. Es mag auch die Einstellung zum Krieg ändern.
Ein jedes Volk wandelt im Namen seines Gottes, aber wir wandeln im Namen des Herrn, unseres Gottes, immer und ewiglich!
Und der Herr wird König über sie sein auf dem Berg Zion, von nun an bis in Ewigkeit.
Ausblick und Aufruf Winterberg (Verknüpfung mit der Taufe)
Noch leben wir in den Schrecken unserer Zeit. Gleichzeitig, leben wir in der Angst vor der Zukunft die wir uns selbst ausmalen, und in der Hoffnung auf die Zukunft, die uns zugesagt ist. Dabei haben wir hier und heute, in Anbetracht der Taufe und der Zusagen, die wir als Gemeinde und als Einzelne getätigt haben, eine Verantwortung, die keine Resignation zulässt.
11 Denn er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen, 12 dass sie dich auf den Händen tragen und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest. (Psalm 91,11-12)
So lasst uns das unsere tun, und Gott wird das Seine dazu geben, das Leben gelingen kann. Dass eine gute Zukunft werden kann.
„Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere menschliche Vernunft, bewahre und Herzen und Sinne in Jesus Christus“